Wenn sich die Familie vergrößert, ist das eigentlich ein Grund zur Freude. Ein neues Baby kommt, und Eltern sind oft überglücklich. Doch was für Erwachsene ein schönes Ereignis ist, kann für das ältere Kind eine große Herausforderung sein. Eifersucht, Entthronung, Unsicherheit - nicht jedes Kind reagiert begeistert auf Familienzuwachs. In diesem Artikel erfährst du, was sich im Familiensystem verändert, wie sich das auf dein erstes Kind auswirken kann und was du tun kannst, damit ihr gut durch diese besondere Zeit kommt.
Eine Familie ist vergleichbar mit einem Mobile. Jedes Mitglied hängt mit den anderen zusammen. Wenn ein Teil sich bewegt oder ein neuer Teil dazukommt, müssen sich alle neu ausrichten. Ein zusätzliches Element bringt das Gleichgewicht durcheinander. Das Mobile muss neu justiert werden. Jeder muss seine Position neu finden.
Wenn ein neues Kind auf die Welt kommt, betrifft das nicht nur die Eltern. Auch das ältere Kind spürt diese Veränderung sofort. Die Mama ist plötzlich nicht mehr nur für ein Kind da. Der Fokus geht auf das Baby. Die Aufmerksamkeit teilt sich. Das spüren schon die ganz Kleinen.
Für viele Kinder ist das schwer. Gerade wenn sie noch sehr jung sind, verstehen sie nicht, warum sich alles verändert. Sie müssen plötzlich teilen: Aufmerksamkeit, Zeit, Nähe. Und das oft ganz plötzlich.
Bei vielen Mamas verändert sich mit der Geburt eines weiteren Kindes die Wahrnehmung. Der Fokus geht über Nacht zum Baby. Das ältere Kind wirkt plötzlich riesig. Man sieht es mit anderen Augen. Und manchmal ist da ein Gefühl von Trennung, obwohl man es gar nicht will.
Diese Veränderung passiert nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Das große Kind spürt, dass es nicht mehr an erster Stelle steht. Und es leidet darunter. Manchmal spricht man sogar von Liebeskummer.
Jan-Uwe Rogge hat einmal ein Beispiel gebracht, das auf den Punkt bringt, wie sich die Situation anfühlen kann: Stell dir vor, dein Partner kommt mit einer hübschen jungen Frau nach Hause und sagt: „Hallo Schatz, das ist Sabine, sie wohnt ab heute bei uns, schläft in unserem Bett, sie gehört jetzt auch zur Familie! Mach dir keine Sorgen, alles bleibt wie immer und ich hab dich genauso gern wie immer. Freu dich doch mit uns!“ Für ein Kind fühlt sich das in etwa so an, wenn plötzlich ein Geschwisterchen da ist.
Das ist natürlich überzeichnet, aber es macht deutlich, wie tief dieser Einschnitt für Kinder sein kann. Und wie wichtig es ist, diesen Schmerz ernst zu nehmen.
Gerade bei kleinen Kindern bringt es oft wenig, schon Monate vorher von einem Baby zu erzählen. Sie können sich das noch gar nicht vorstellen. Wichtiger ist, dass sie lernen, warten zu können - denn sobald das Baby erst da ist, brauchen sie diese Kompetenz dringend. Kleine Übungen im Alltag helfen dabei. Zum Beispiel: „Ich habe dich gehört, ich mache das auch gleich, aber zuerst mache ich noch dies fertig.“
Wenn das Kind diese Erfahrung schon vor der Geburt des Geschwisterchens macht, fällt es ihm später leichter, mit der plötzlichen Veränderung im Alltag umzugehen.
Kinder brauchen in dieser Phase vor allem eins: gesehen werden. Statt ihnen zu erklären, wie schön es mit einem Geschwisterchen ist, hilft es viel mehr, ihren Schmerz anzuerkennen.
Sätze wie:
„Ich sehe, dass du dich manchmal benachteiligt fühlst“
„Es ist schwer für dich, so oft zu warten“
„Seit das Baby da ist, ist vieles anders - auch für dich“
…helfen deinem Kind mehr als jede Beschwichtigung.
Kinder, die ihre Rolle als „die Großen“ annehmen dürfen, fühlen sich oft gestärkt. Wichtig ist aber, dass du sie nicht gleichzeitig mit Pflichten überforderst. Du kannst sagen:
„Du bist schon lange bei uns“
„Du warst auch mal so klein und hast das alles gebraucht“
„Du darfst schon Dinge, die das Baby noch nicht kann“
Aber bitte nicht:
„Weil du groß bist, musst du das Baby verstehen“
„Weil du älter bist, musst du nachgeben“
Das Großsein darf sich gut anfühlen. Ohne Zwang, ohne Verantwortung, die es nicht tragen kann.
Wenn dein Kind plötzlich wieder Schnuller oder Flasche will, wieder getragen werden möchte, also scheinbar in seiner Entwicklung wieder zurück fällt - mach einfach mit. Es wird ihm höchstwahrscheinlich bald wieder langweilig sein. Kinder wollen nicht auf Dauer klein sein. Sie wollen nur sichergehen, dass sie auch noch geliebt werden und sie sehen am kleinen Baby, dass das mit der Hilflosigkeit wunderbar funktioniert …
Eltern denken oft: „Für das zweite Kind habe ich viel weniger Zeit.“ Oder: „Das große Kind bekommt nicht mehr so viel von mir wie früher.“
Aber das große Kind hatte einmal deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Und das kleine Kind hat von Anfang an ein großes Geschwisterchen und kennt die Situation gar nicht anders. Und das ist ein Geschenk, das nicht aufzuwiegen ist.
Hab kein schlechtes Gewissen! Es ist für Kinder zumutbar, ein Geschwisterchen zu bekommen. Es ist normal. Und dein großes Kind wächst daran.
Wenn du merkst, dass dein großes Kind besonders viel Zuwendung braucht: Nimm dir bewusst Zeit. Auch wenn das Baby gerade die Windel voll hat - manchmal darf das große Kind Vorrang haben.
Kleine Signale reichen:
„Jetzt bekommt du das zuerst, das Baby kann noch ein bisschen warten“
„Ich komm jetzt zu dir, wir machen das gemeinsam“
Diese Momente stärken dein Kind - ganz ohne große Aktionen.
Ein häufiger Konflikt: das ältere Kind soll Spielsachen teilen. Dabei ist es wichtig, dass das Kind selbst bestimmen darf. Erst wenn es die Sicherheit hat, dass das seine Sachen sind, wird es großzügig.
Kinder geben gerne, wenn sie nicht müssen. Sie wollen vorher das Gefühl haben: „Das ist meins. Darüber habe ich die Kontrolle. Das muss ich nicht (auch noch) hergeben.“
Ein häufiger Konflikt: das ältere Kind soll Spielsachen teilen. Dabei ist es wichtig, dass das Kind selbst bestimmen darf. Erst wenn es die Sicherheit hat, dass das seine Sachen sind, wird es großzügig.
Kinder geben gerne, wenn sie nicht müssen. Sie wollen vorher das Gefühl haben: „Das ist meins. Darüber habe ich die Kontrolle. Das muss ich nicht (auch noch) hergeben.“
Du musst nicht perfekt sein. Kein Kind braucht perfekte Eltern. Aber du darfst echt sein. Mit all deinen Gefühlen. Solange du bei dir bleibst. Solange du Verantwortung übernimmst. Solange du dein Kind nicht angreifst.
Wenn du merkst, es ist zu viel, hol dir Unterstützung. Du musst das nicht alleine schaffen.
In meiner Eltern Lounge findest du zur Aufzeichnung des gesamten Webinars ein eigenes Workbook für deine Umsetzung. Du bekommst konkrete Werkzeuge an die Hand, wie du souverän und gelassen bleibst – gerade dann, wenn es bei euch immer wieder kracht.
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© Mag. Barbara Hüttner